160 Jahre Vereinsgeschichte
Von Friedrich Gaber, ehemaliger Ratschreiber, früherer Ehrenvorsitzender des MGV 1847 – ergänzt durch Jürgen Steffens.
Der älteste Gesangverein unseres Ortes wurde im Jahre 1847 gegründet. Er erhielt den Namen „Heddesheimer Gesangverein“. Der Name schon besagt, daß er damals er einzige Gesangverein am Ort war. Die Tatsache des Bestehens dieses Vereins geht aus der Zeit gut erhaltener Notenbücher hervor, die unser verstorbener Sangesfreund Karl Schaaff als Vermächtnis seiner Vorfahren jahrzehntelang aufbewahrt hat. Der Einband dieser Notenbücher zeigt mit schwarzen Druckbuchstaben auf grünem Grund den Aufdruck:
Heddesheimer Gesangverein
II.Baß
Jakob Lehmann
Kassenverwalter
1847
Heddesheimer Gesangverein
I. Baß
Wilhelm Gassner
1847
Diese Mitglieder waren Vorfahren von heute noch aktiven Sängern unseres Vereins. Mündlich ist außerdem überliefert, daß ein Urahne der Sängerfamilien Moos und Schaaff, der Landwirt Johann Georg Moos, in jener Zeit als 1. Vorstand fungierte. Die alten Notenbücher enthalten Vaterlands-, Soldatenlieder, Minne- und Jägerlieder, Lieder über Gott und die Natur in einfachen, harmonischen Sätzen. Sie sind handgeschrieben, in „deutschen“ Schriftzeichen, die der heutigen jüngeren Generation kaum noch bekannt oder geläufig sind. Es ist wohl anzunehmen, daß der Schreiber ein Lehrer war, der auch den Verein musikalisch geleitet haben dürfte. Die Existenz dieses ersten Heddesheimer Gesangvereines war nur von kurzer Dauer, Nach den Revolutionsjahren 1848/49 mußte er seine Tätigkeit wieder einstellen, da es den Lehrern in der folgenden Reaktionsperiode untersagt wurde, weltliche Vereine zu leiten. Es dauerte über 10 Jahre, bis die Sangestätigkeit in Heddesheim wieder erwachte. Im September 1862 kamen 30 sangesfrohe Männer zusammen und ließen den alten Heddesheimer Gesangverein wieder erstehen. Sie gaben ihm den heutigen Namen: „Männergesangverein“. Als Vorstandsmitglieder gehörten dem wieder erstandenen Verein an:
Joseph Heinz, Christoph Schmidt, Nikolaus Karg und Jakob Schmidt als Rechner. Die Wiederbelebung des Männergesangvereins in Heddesheim war hauptsächlich der Initiative des damals hier wirkenden Lehrers J. Weber zu verdanken, der 1862 der erste Dirigent des Vereins war. Als weiterer Dirigent jener Jahre wird noch ein Oberlehrer Moraß genannt. Ein halbes Jahrhundert später, beim Vereinsjubiläum 1912, lebten aus dem Jahr 1862 noch folgende Gründer: Dirigent Oberlehrer Weber, Peter Fleck, Andreas Kippenhahn I, Georg Moos I, Martin Schaaff, David Schmidt, Michael Schmidt, Nikolaus Schmidt und Valentin Zeilinger I.
Im Jahre 1865 erhielt der junge Verein seine erste Fahne. Nach 25 Jahren wurde 1890 eine neue angeschafft. Zu dieser Fahne hat die Heddesheimer Einwohnerschaft 752 Mark gestiftet.
In jener Zeit war dies viel Geld. Aber es zeugt davon, daß sich der MGV schon damals der allgemeinen Sympathie der Bevölkerung erfreuen durfte. Erst 47 Jahre später, im Jahr 1937, erhielt der Verein seine heutige Fahne. Von den drei Fahnen ist die älteste aus dem Jahr 1865 leider während der Kriegsjahre abhanden gekommen.
Die Vorstände und Dirigenten wechselten, wie in vielen Vereinen, so auch beim Männergesangverein, ziemlich häufig. Unter den Dirigenten seien nur zwei Namen erwähnt, die den älteren unter uns noch in guter Erinnerung sind, die Hauptlehrer Winter und Würth. Erst 1899 begann eine Periode der Stabilität im Verein.Mit dem Schuhmachermeister Martin Bordne als Vorsitzenden und dem Hauptlehrer Ludwig Seitz als Dirigenten, die den Verein ein Vierteljahrhundert ohne Unterbrechung leiteten, erlebte der MGV seine erste große Blütezeit. Die Zahl der Erfolge bei Preis- und Wettsingen wuchs ständig an. Viele Gold- und Silberpokale wurden errungen, so dass, wie es in einer älteren Chronik heißt, „der Kleinodienschrank die Schätze kaum zu bergen vermochte“. Einen glanzvollen Höhepunkt dieser Periode bildete das 50jährige Vereinsjubiläum im Mai 1912. Nahezu 40 Vereine nahmen am Sängerwettstreit teil. Es war dies die letzte große Veranstaltung vor dem ersten Weltkrieg.
Nach dem 60jährigen Vereinsjubiläum im Jahre 1922 ging die Ära Bordne – Seitz zu Ende. Beide traten in den verdienten Ruhestand und wurden als Ehrenvorstand und Ehrendirigent in den dreißiger Jahren von uns zu Grabe getragen.
Die Ermüdungserscheinungen der zu Ende gegangenen Epoche wurden unter der starken Hand des Vorsitzenden Georg Heckmann rasch überwunden. Nach einer kurzen Übergangszeit mit Musiklehrer Schmitt als Dirigenten, fand man einen gesanglich qualifizierten Pädagogen in der Person des Mannheimer Hauptlehrers Noe. Sein unermüdliches Streben nach reiner Vokalisation und exakter Aussprache kam dem Verein sehr zustatten, so daß sein Nachfolger Hauptlehrer Richard Schaudt, ein hochbegabter, feinsinniger Musiker, darauf aufbauend, beachtliche musikalische Wirkungen erzielte, die besonders durch ein gepflegtes Piano aufhorchen ließen. Über 80 Sänger begeisterten sich damals an seinen lebendigen Chorproben und ausgefeilten Chorinterpretationen. Ende der zwanziger Jahre stand Adam Schollmeier dem Verein vor, bis zu seinem Unfalltod im Jahre 1930. Ihm folgte der bisherige 2. Vorstand Christof Geißinger. Als Dirigenten gewann man Chorleiter Erhard Strubel aus Wallstadt. Unter seiner Direktion errang der Verein 1932 in Schriesheim als Klassenpreis sein erstes Weinfaß, zu dem im Laufe der Jahre noch mehrere hinzukamen. Von der Feier des 1932 fällig gewesenen 70jährigen Vereinsjubiläums wurde wegen der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse Abstand genommen. Im Jahre 1933 übernahm Sangesfreund Friedrich Gaber die Leitung des Vereins. In der politisch bewegten Zeit der „Machübernahme“ mit all ihren unliebsamen Begleiterscheinungen, war es für die Gesangvereine nicht leicht, eigene Ansichten für ihr Wirken durchzusetzen. Die „örtliche Machthaber“ hatten für mehrstimmigen Gesang nicht viel übrig. Für den MGV im Besonderen kam als „ Stein des Anstoßes“ hinzu, daß zahlreiche Sangesfreunde des verbotenen Arbeitergesangvereins, dank der loyalen Haltung der Vereinsleitung, im MGV Aufnahme fanden und sich während des „Dritten Reiches“ sangesbrüderlich weiter betätigen konnten. Trotz vieler Widerwärtigkeiten konnte das 75jährige Jubiläum des Vereins im Jahre 1937, mit der Weihe der heutigen Vereinsfahne, als eindrucksvolle Kundgebung für das deutsche Lied, abgehalten werden.
Als Vorstand Gaber 1938 sein Amt aufgab, war es schwer, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Schließlich stellte sich der altgediente Ehrenvorstand Georg Heckmann als „Retter in der Not“ erneut zur Verfügung. Er leitete den Verein bis zum Ende des Zeiten Weltkriegs. Dieser Krieg hat, wie schon der erste Weltkrieg, auch aus den Sängerreihen seine Opfer gefordert. Die Namen der 21 Sänger, die aus beiden Weltkriegen nicht mehr heimkehrten, sind in der Ehrentafel des Vereins festgehalten.
Als weitere Dirigenten in den Vorkriegsjahren sind noch zu erwähnen: Chorleiter Gustin Lamberth, Oberstudienrat Theo Schmidt und Hauptlehrer Willi Kaeser.
War schon während des Krieges die Sängertätigkeit weitgehend unterbrochen, so ruhte sie auch nach 1945 noch geraume Zeit, da erst ein neuer Gesamtvorstand gefunden werden mußte, der den Vorschriften der Besatzungsmacht entsprach. Im Jahre 1946 brachten die „unbelasteten“ Sangesfreunde Christof Geißinger als 1. Vorstand, Heinrich Gassner als 2. Vorstand und Fritz Schmidt als Rechner und Schriftführer das Vereinsleben wieder in Gang. Zum alten Stamm kam eine stattliche Anzahl junger Sänger. Neuer Dirigent wurde Chorleiter Otto Hart aus Mannheim. Nach der erfolgreichen Wiederaufnahme der Vereinstätigkeit gab Vorstand Geißinger 1947 seinen Auftrag aus gesundheitlichen Gründen zurück. Für seinen wiederholten Einsatz ernannte man ihn zum Ehrenvorstand. An seine Stelle trat der langjährige 2. Vorstand aus früheren Jahren Ehrenvorstand Philipp Treiber. Zehn Jahre lang leitete er die Geschicke des Vereins mit der ihm eigenen Festigkeit und Verläßlichkeit. Ihm oblag die Durchführung des 90jährigen Jubiläums im Jahre 1952. Mit dieser ersten größeren Veranstaltung nach dem Kriege hat er sich ein bleibendes Denkmal gesetzt. Als Dirigent wirkte unter ihm zunächst Sangesfreund Karl Bauer. Der sich viel Mühe gab in der Bewältigung einer Fülle von minuziöser Kleinarbeit bei der Einstudierung der Chöre, eine Arbeit, die durch die späteren Erfolge reichlich belohnt wurde. Er war Wegbereiter einer zweiten großen Blütezeit, die der Verein mit der Verpflichtung seines späteren Chorleiters, Musikdirektor Gerhard Wind. Ihm gelang es „auf Anhieb“, den MGV in die vordersten Reihen der Erfolgsvereine zu bringen. Dies war der Beginn seiner glänzenden Chorleiterlaufbahn und ließ ihn zu einem der begehrtesten Dirigenten werden.
Ein Vorstandswechsel brachte 1957 Willi Marx an die Spitze des Vereins. Willi Marx versuchte unter den Sängern ein familiäres Klima zu schaffen, ohne den Ernst der Chorarbeit zu vernachlässigen. Der einzigartige Erfolg des Vereins in Ilvesheim mit der Erringung des „Goldenen Inselpokals“ legt hiervon Zeugnis ab. Eine Glanzleistung auch des Dirigenten Gerhard Wind.
Im Jahre 1959 erhielt der erfolgreiche Chorleiter einen ebenso Erfolg gewohnten 1. Vorstand in der Person von Josef Gärtner. Seiner enormen Tatkraft gelang es in kurzer Zeit, den Chor zu einem der größten Klangkörper der Umgebung zu steigern. Mit 100 aktiven Sängern ging man mit hohen Erwartungen dem 100jährigen Jubiläum im Juli 1962 entgegen. Diese Erwartungen gingen hundertprozentig in Erfüllung.
37 Vereine, zum großen Teil mit sehr hohem Leistungsstand, nahmen am Wertungs – Prädikat – und Freundschaftssingen teil. Bei diesem Fest wurde dem Jubelverein die höchste staatliche Auszeichnung, die Zelter – Plakette, verliehen. Der damalige Vorstand Gärtner war es auch, der veranlaßte, daß das Gründungsjahr des MGV aufgrund der vorliegenden Unterlagen, auf das Jahr 1847 zurückgeführt werden konnte. Die offizielle Anerkennung dieses Gründungsjahres durch den Badischen Sängerbund erfolgte 1964. Diese Anerkennung hat zur Folge, daß der Verein im Jahre 1972 bereits sein 125jähriges Gründungsfest feiern konnte. Der Name „Gärtner“ wird mit diesen festlichen Ereignissen für immer verbunden bleiben.
Als 1. Vorsitzender wirkte 1968 Hans Höfle. Er hatte sich schon früher als Vergnügungs- leiter , 2. Vorstand und geschäftsführender Vorstand um den Verein verdient gemacht.
Chorleiter Gerhard Wind blieb dem Verein bis 1977 erhalten.
Herrn Wind schloß sich Herr Kurt Arras in die Reihe der Dirigenten des Vereins an.
Unter der Chorleitung von Herrn Arras richtete der Verein mehrere Wohltätigkeitskonzerte –
insbesondere zu Gunsten des „Weißen Rings“ und der „Aktion Sorgenkind“ aus. Durch den großen Erfolg dieser Konzerte war es möglich, den betreffenden Organisationen jeweils stattliche Beträge zukommen zu lassen. 1985 übergab Herr Arras das musikalische Ruder an unseren Festdirigenten, Herrn Musikdirektor Bernhard Riffel.
Im Jahre 1972 übernahm Karl Edinger den Vorsitz, nachdem er als Beisitzer – Schriftführer und 2. Vorsitzender schon lange Jahre dem Gesamtvorstand angehörte.
Unter seiner bereits 15-jähriger Führung erreichte der Verein wieder eine Sängerzahl von nahezu 75 Aktiven.